In der Stadt Weilheim i.OB sind seit dem Jahr 2008 Saatkrähenkolonien dokumentiert. Seit 2021 werden – mit ausdrücklicher Genehmigung der Regierung von Oberbayern – gezielt Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt.

Über eine erstmals im Herbst 2021 einberufene Fachkommission mit Vertretern der Regierung von Oberbayern, der Naturschutzbehörde beim Landratsamt, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), Landesjagdverband, Bauernverband und natürlich auch der Stadt Weilheim i.OB und den Stadtwerken werden geplante Vergrämungen vorbesprochen und festgelegt. Dabei wurden stets drei sogenannte Tabubereiche definiert, die als Brut- und Rückzugsorte geschützt bleiben. Dies sind die Waldflächen im Naherholungsgebiet der Au, der Weilheimer Friedhof sowie die Grünanlage am Maibaum.

Aktuell gilt die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der Regierung von Oberbayern für einzelne Vergrämungsmaßnahmen durch die Stadt Weilheim i.OB zur Entfernung von Nestern sowie die Vergrämung mittels akustischer nicht-letaler Methoden (Einsatz der stadteigenen BirdGards) gemäß Bescheid vom 11.02.2022 bis zum Beginn der kommenden Vogelschonzeit, also bis 31.03.2024.

Hierbei kann die Stadt Weilheim i.OB die Ausführung von Nestentfernungen an die jeweiligen betroffenen Grundstückseigentümer übertragen. Eine anderweitige Vergrämung durch Anlieger oder Betroffene selbst ist nicht erlaubt.

Die Stadt Weilheim i.OB wird je nach Einzelfallentscheidung gezielte Vergrämungen im Sinne der oben genannten Genehmigung durchführen.

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat die nachfolgenden Informationen über die Saatkrähe zusammengestellt. Sie finden diese Informationen auch als PDF-Datei im Anhang zum Herunterladen

Die Stadt Weilheim i.OB hofft, die Bürgerinnen und Bürger mit diesen Informationen des Landesamtes für Umwelt für die nicht gänzlich abzuwendende Brutsaison 2024 sensibilisiert zu haben und wird weiterhin im Rahmen der erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung gezielte Vergrämungsmaßnahmen in Wohnbereichen durchführen.


Bayerisches Landesamt für Umwelt 

Antworten zu häufig gestellten Fragen zur Saatkrähe im Siedlungsbereich

1. Schutzstatus und warum ist keine Entnahme oder Abschuss möglich?

Die Saatkrähe (Corvus frugilegus) gehört als europäische Vogelart gemäß Paragraf (§) 7 Absatz (Abs.) 2 Nr. 13 Buchst. b) bb) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) in Verbindung mit (i.V.m.) Artikel (Art.) 1 der
Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) zu den besonders geschützten Tierarten. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, ihr nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Außerdem ist es gem. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verboten, sie während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verbietet zusätzlich, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.

Von diesen gesetzlichen Verboten können die höheren Naturschutzbehörden nach § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses eine Ausnahme zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Population einer Art nicht verschlechtert.

Der Freistaat Bayern hat beim Bundesrat einen Antrag auf Herabstufung des Schutzstatus der Saatkrähe eingereicht. Der Bundesrat hat in seiner 1032. Sitzung am 31. März 2023 beschlossen, die Entschließung nicht zu fassen.

Eine generelle Verringerung der Populations- oder Bestandsgröße der Saatkrähe ist aufgrund ihres strengen Schutzstatus nicht möglich.

Eine Bejagung zur Brut- und Jungenaufzuchtzeit ist unabhängig vom Artenschutz und Naturschutzrecht auch aus jagd- und tierschutzrechtlicher Sicht nicht möglich.

In Deutschland herrscht in Siedlungsgebieten Jagdruhe, wobei Ausnahmen nur in begründeten Einzelfällen möglich sind. Daher sind die Tiere in der Stadt zu dulden und zu akzeptieren.

2. Ansprechpartner:

Regionale Ansprechpartner für Fragen zum geeigneten Umgang mit den Saatkrähen, Ortseinsichten, Fragen zum Management, Einsatz von Präventionsmaßnahmen, Prüfung einer Kostenbeteiligung oder anderes sind die höheren Naturschutzbehörden der jeweiligen Bezirksregierung sowie die untere Naturschutzbehörde am jeweiligen Landratsamt oder das Umweltamt der kreisfreien Stadt.

3. Lärm:

Unser menschliches Lärmempfinden ist subjektiv. Schallpegelmessungen in Städten zeigen, dass die Werte der Saatkrähenrufe (60 bis maximal 75 Dezibel - dB) deutlich unter denen des Verkehrslärms (80 bis 90 dB) liegen. Das Krächzen in der Kolonie ist auf den Tag beschränkt, störend sind vor allem die Lautäußerungen am frühen Morgen und abends. Die Geräuschkulisse ist zeitlich begrenzt auf die (Vor-)Brutzeit (Februar) März bis Mitte Juni. - Quelle: Fankhauser, T. (1995): Saatkrähen Corvus frugilegus als Brutvögel in der Stadt Bern und dadurch entstehende Probleme. Ornithologische Beobachter 92: 59-68

4. Hygiene:

Kot kann dort ein Problem sein, wo sich viel begangene Wege, Park-, Sitz- oder Spielplätze, Schulhöfe oder Kindergärten direkt unter Bäumen mit vielen Nestern befinden.

Bei Handkontakt mit Kot wird grundsätzlich angeraten, sich nicht ins Gesicht zu greifen und die Hände zu waschen oder zu desinfizieren. Da die Magensäure von Vögeln sehr viel schärfer ist als bei Säugetieren, kann der Vogelkot als weniger infektiös beschrieben werden. Überträger von Salmonellen ist eher der häufiger vorkommende Hunde- und Katzenkot.

5. Präventionsmaßnahmen zur Akzeptanz einer Kolonie:

Verständnis für eine Kolonie kann erreicht werden, wenn zur Minimierung des bestehenden Konflikts die nur zeitlich begrenzt notwendigen Abhilfemaßnahmen geschaffen werden. Zum Beispiel können Sonnensegel herunterfallendes Nistmaterial und Exkremente abfangen. Sitzbänke können überdacht und Parkplätze zur Hauptbrutzeit teilabgesperrt werden. Gutscheine für Autowaschanlagen oder die Verleihung von Regenschirmen auf Friedhöfen mit einer Saatkrähenkolonie sind einfach umzusetzende Präventionsmaßnahmen.

6. Kostenbeteiligung und Vergütungsmöglichkeiten:

Grundsätzlich ist es möglich, dass für Präventionsmaßnahmen im privaten Siedlungsbereich staatliche Mittel in Form von sogenannten Kleinmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Hierbei handelt es sich meist um eine Bezuschussung. Jeder Einzelfall mit Kostenübernahme ist über die untere Naturschutzbehörde am Landratsamt oder der kreisfreien Stadt zu prüfen.

7. Was frisst die Saatkrähe?

„Frugilegus“ heißt die „Früchtefressende“, die Saatkrähe ist vorwiegend Vegetarierin. Im Zeitraum der Jungenaufzucht benötigt sie eiweißreiche Nahrung. Sämereien und Körner, Schnecken, Würmer und Engerlinge werden auf Feldern und Wiesen gesucht. Die Saatkrähe bevorzugt offenes Gelände mit niedriger Vegetation. Mit dem Wandel in der Landbewirtschaftung wurden neue Nahrungsquellen erschlossen. Biogas- und Kompostieranlagen müssen vogelsicher verschlossen sein, um die Saatkrähe nicht ganzjährig zu begünstigen.

Im Unterschied zur viel häufigeren Rabenkrähe suchen Saatkrähen nicht an Abfallkörben Nahrung.

8. Saatkrähen und andere Singvögel im Garten – verträgt sich das?

Singvögel schützen ihre Nester gut versteckt in Hecken, Gebüschen, Astgabeln oder Baumkronen. Häufige Gartenvögel sind von Saatkrähen nicht bedroht. Zum Beispiel brüten Amseln bis zu viermal im Jahr, in dichten Hecken oder in geschützten Bereichen in Häusernähe. Buchfink und Grünfink machen bis zu zwei Jahresbruten und legen ihre Nester gut geschützt in Astgabeln von belaubten Bäumen an. Das Rotkehlchen brütet sehr heimlich, gut getarnt, meist in nicht einsehbaren Bereichen. Blau- und Kohlmeise sind als Höhlenbrüter gut vor gefiederten Nesträubern geschützt ebenso wie der Hausrotschwanz in einer Halbhöhle. Da Saatkrähen ausschließlich am Boden und bevorzugt im offenen Gelände mit niedriger Vegetation nach Nahrung suchen, stellen sie keine Bedrohung für Gartenvögel, ihre Gelege oder Jungen dar. Die Krähenart, die auch Jungvögel und Eier auf dem Speiseplan hat, ist die auch im Siedlungsbereich häufige Rabenkrähe.

9. Wie alt werden Saatkrähen?

Saatkrähen können über 20 Jahre alt werden. Das Durchschnittsalter beträgt rund fünf Jahre.

10. Wann brüten Saatkrähen das erste Mal?

Saatkrähen können erstmals nach zwei Jahren brüten. Das heißt, eine Saatkrähe die im Jahr 2023 geschlüpft ist, brütet erstmals im Jahr 2025. Nicht brütende einjährige Saatkrähen suchen teilweise den Anschluss an die Kolonien, um von den ansässigen Brutvögeln geeignete Neststandorte und Nahrungsplätze kennenzulernen.

11. Wie viele Eier legen Saatkrähen und wie lange brüten sie?

Saatkrähen legen drei bis fünf Eier. Die Eier werden vom Weibchen 16 bis 19 Tage bebrütet. Während dieser Zeit wird es vom Männchen mit Nahrung versorgt. Nach dem Schlupf dauert es 32 bis 34 Tage, bis die Jungvögel fliegen können. Die Brutzeit einer Kolonie erstreckt sich über drei bis vier Monate, da nicht alle Brutpaare gleichzeitig Eier legen.

12. Bauen Saatkrähen jedes Jahr neue Nester?

Saatkrähen versuchen die Nester aus dem Vorjahr weiter zu nutzen. Die alten Nester werden dann im März ausgebessert. Dafür wird gerne das Nistmaterial der Nachbarn verwendet, aber auch lautstark verteidigt.

13. Wie weit fliegen Saatkrähen zur Nahrungssuche?

Während der Brutzeit suchen Saatkrähen im Umkreis von 1 bis 3 Kilometer nach Nahrung. Für besonders ergiebige Nahrungsquellen (z. B. Biogas- und Kompostieranlagen) sind aber auch weitere Flüge bis zu 9 Kilometer Entfernung möglich.

14. Was machen Saatkrähen nach der Brutzeit?

Mit dem Ausfliegen der Jungvögel entfernen sich die Saatkrähen zunehmend von ihrer Kolonie und besuchen Nahrungsgebiete anderer Kolonien. Einzelne Vögel kommen aber immer wieder zu ihrer Kolonie und das nähere Umfeld zurück. Da die Saatkrähen auch nach der Brutzeit gesellig leben, können die Kolonien außerhalb der Brutzeit zeitweise als Schlafplätze dienen. Meistens suchen sie sich aber als Schlafplätze andere Gehölze. Hier können sich die Krähen aus einer weiten Umgebung jeden Abend versammeln und einige Tausend Individuen zusammenkommen.

15. Warum ist die Umsiedlung einer Saatkrähenkolonie so schwierig?

Saatkrähen sind sehr standorttreu. Werden sie am Nestbau und Brüten gehindert weichen sie auf Bäume in der Umgebung aus. Die Folge ist, dass sich dadurch viele kleine Kolonien, sogenannte Splitterkolonien bilden. Die vertriebenen Saatkrähen suchen in den Folgejahren regelmäßig ihre ursprüngliche Kolonie auf und versuchen diese wieder zu besiedeln. Auch das Sozialverhalten spielt eine wichtige Rolle – sie leben in großen Gruppen, und die Individuen lassen sich somit vom Gruppenverhalten beeinflussen. Das macht eine Steuerung des Verhaltens schwierig.

16. Wie lange müssen Vergrämungsmaßnahmen an einer Kolonie durchgeführt werden?

Vergrämungsmaßnahmen an Kolonien im Siedlungsbereich sind sehr heikel und bedürfen einer guten Planung. Um effektiv zu vergrämen, müsste als minimaler Zeitrahmen während der gesamten Generationslänge der Saatkrähe von fünf Jahren vergrämt werden. Wir empfehlen, Vergrämungsmaßnahmen nur in enger Abstimmung mit den Naturschutzbehörden und Fachleuten im Krähenmanagement zu planen und die Empfehlungen des LfU-Konzepts zu beachten.

17. Was sind Splitterkolonien?

Splitterkolonien sind Neuansiedlungen von Saatkrähen in Folge einer Störung der Ursprungskolonie. Sie können auch in Nachbargemeinden entstehen.

18. Warum sind Splitterkolonien so problematisch?

Wenn es geeignete Bedingungen an den Splitterkolonien gibt, können sich an diesen Standorten dauerhafte Kolonien bilden. Junge Kolonien weisen in den Jahren ihrer Entstehung ein deutlich größeres Wachstum als etablierte Kolonien auf.

19. Warum wachsen neue Saatkrähenkolonien so schnell?

Junge Saatkrähenkolonien wachsen so schnell, weil in ihnen die Konkurrenz um Brutplätze noch nicht so groß ist, wie in älteren Kolonien. Häufig stehen den neuen Kolonien auch andere Nahrungsquellen zur Verfügung, um welche sie nicht mit anderen Saatkrähen konkurrieren müssen. Vermutlich ist die Reproduktionsrate junger Kolonien sogar höher, als die von bereits etablierten Kolonien. Zudem ziehen neu besiedelte Gebiete Saatkrähen an, welche noch keiner Kolonie angehören.

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